fallbeispiel – schimmelpilzbildung

Fallbeispiel – Schimmelpilzbildung

Fenster mit Fliegengitter
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Der Bauherr (Kunde, Mieter) stellt Schimmelpilzbefall fest.
Erste Versuche über Aufstellen eines Trockners und Behandlung der Flächen mit „Schimmel-Ex“ brachten keine Besserung. Gleiches gilt für die vom Vermieter vorgebrachte Aussage nach mehr Lüftung. Es wird daher ein neutraler Bausachverständiger beauftragt, um eine Ursachenermittlung mit Vorschlägen zur Schadensbehebung durchzuführen.

1. Zielvorgabe

Bad links Zusatztrockner vor Fenster Alulamellenstore
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Die Zielvorgabe lautete: Ermitteln Sie die Ursache für den Schimmelpilzbefall und machen Sie einen Vorschlag zur Schadensbehebung.

2. Objektbeschreibung

Zur Ermittlung der vereinbarten Vertragsleistung wurden nach einem ersten Vorgespräch am Objekt eine Hausbeschreibung, der Wärmeschutznachweis und der Architektenvertrag übergeben. In diesem konkreten Fall handelte es sich um einen modernisierten Altbau mit neuen Fenstern und einem Wärmedämmverbundsystem.
Der Schaden trat erstmalig im Herbst nach Baufertigstellung der Sanierung auf.

3. Beweisaufnahme

Die Beweisaufnahme am Objekt ergab folgende Ergebnisse:

  • Schimmelpilzbefall in den Übergängen Fenster/Leibung
  • Besonders starker Befall in der Küche und im Bad
  • Schwarzverfärbung im Teppich an der Fußschwelle zum Balkon hin
  • Sturz im Bad stark mit Schimmelpilzen befallen
Verfärbung an der Balkonschwelle
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4. Messwerte

Folgende Klimadaten wurden im Monat April ermittelt:

  • Raumlufttemperatur 19,6°C bis 20,9°C Zeitpunkt: 14:30h – 15:00h
  • Raumluftfeuchte 52,5% bis 56,2%
  • Wandoberflächentemperaturen 17,4°C
  • Außenlufttemperatur 10,1°C
  • Außenluftfeuchte 72%
Schimmel unter der Tapete am Badezimmersturz
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5. Bewertung der Ergebnisse

Die Art der Schäden, insbesondere zum Balkon hin, lässt nicht (nur) auf eine unzureichende Belüftung der Räume schließen. Anders sieht dies im Bad aus. Hier war ein Fliegengitter auf der Außenseite des Fensters und auf der Innenseite ein Alulamellenstore angebracht worden. Parallel hierzu fand sich auch noch ein zusätzlich auf der Heizung angesetzter Handtuchtrockner. Eine vernünftige Lüftung ohne Demontage und Abräumen diverser Kosmetika ist somit nicht möglich. Weiterhin war das Fenster „angekippt“, was zusätzlich zu einer Auskühlung des Sturzes ohne ausreichenden Lüftungseffekt mit Tauwasserausfall führt.

Silikonfuge schimmelig Bohrung im Fensterrahmen für Wetterstation
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Eine erhöhte Feuchteproduktion im Schlafzimmer war durch das Aufstellen eines Wäschetrockners zu verzeichnen. Dennoch ließen die gemessenen Werte allein noch keinen Rückschluss auf das Lüfter- und Heizverhalten zu. Daher wurden für 1 Woche mehrere Datenlogger installiert (Anmerkung: Im Regelfall sollten Messungen in 2 Abschnitten auf mindestens 6 Wochen erfolgen. Dies war hier aber nicht möglich)

Bereits nach nur 1 Woche verschoben sich die Raumklimawerte deutlich. Die Luftfeuchtewerte hatten nun im Mittel 55% mit Spitzen zu über 72%. Die Raumlufttemperaturen tendierten bis auf 17,5°C herab und erreichten max. 19,8°C.
Setzt man 18°C und 75%r.F. an liegt der Kondensations(Tau)punkt bei 13,5°C. Eine nur geringe Abkühlung auf den Wandoberflächen (Sturz!) führt also bereits zu Nässeschäden. Da sich Schimmelpilze aber schon ab etwa 70%r.F. bilden können begünstigt also das Nutzerverhalten auch schon ohne Nässespuren auf und in den Bauteilen dessen Bildung.

Wäschständer im Schlafzimmer
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Ein weiterer Punkt war die Verfärbung des Teppichbodens zur Balkonschwelle hin. Die Messungen und Untersuchungen ergaben 2 Schwachpunkte. Zum einen war die Entwässerung auf dem Balkon ohne ausreichendes Gefälle ausgebildet. Es kam zur Wasserbelastung der Fußschwelle und Nässeeintrag zum Innenraum. Ferner gab es dort eine Wärmebrücke durch mangelhaft ausgebildete Wärmedämmung.

6. Vorschlag zur Schadensbehebung

Als kurzfristige Maßnahme wird empfohlen die vorhandenen geschädigten Tapeten zu entfernen und in geschlossenen Säcken zu entsorgen. Weiterhin sollte der Raum mehrfach am Tag gelüftet werden und auch bei Nichtnutzung geheizt werden. Die Oberfläche ist zu desinfizieren (70% Ethylalkohol). Arbeitsschutz beachten, Beachtung der Brand- und Explosionsgefahr (nicht Rauchen). Zu empfehlen ist ferner die Nutzung von Schutzhandschuhen. Insbesondere im Bad ist das außenseitig installierte Fliegenschutzgitter zu entfernen. Ferner sind mehrere Silikonfugen herauszuschneiden und zu erneuern.

Mangelhafte Entwässerung Balkon
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Neuanstriche, Tapeten usw. erst nach Durchtrocknung (z.B. über Entfeuchter) der Wand auftragen. Anstriche ohne organische Bestandteile, hochalkalisch und diffusionsoffen, verwenden. Verzicht auf Tapeten, insbesondere im Bad.
Die Türschwelle zum Balkon und dessen Entwässerung ist gutachterlich genauer zu untersuchen und fachgerecht zu überarbeiten.

7. Kosten

Die Kosten sind anteilig (Nutzer und Eigentümer)zu tragen.

Allgemein:
Zur Ursachenermittlung und Berechnung von Schimmelpilzbefall bieten wir detaillierte Untersuchungen an. Dies erfordert hohe bautechnische Sachkenntnis. Aktuell ist gerade wieder ein Fall mit einer ungeeigneten Innendämmung in Bearbeitung.

Sinnvoll sind alle Untersuchungen vor allem bei hohen Temperaturunterschieden Außen/Innen und in der Beheizungsperiode. Im Einzelfall kann dies aber auch im Sommer Sinn machen, wenn z.B. Kellerräume als Wohn- und Schlafraum genutzt werden.